In Anbetracht der häufig doch sehr emotional geführten Diskussion um die Pflegesituation auf Sylt fiel die grundsätzliche Beurteilung dann doch überraschend gut aus
Dass das Thema Pflege unter den Syltern auf breites Interesse trifft, bewies nicht zuletzt das erste PflegeFORUM Sylt, zu dem die Gemeinde Sylt am Samstag, 21. April ins Seniorenzentrum Westerland eingeladen hatte. Von den Sylter Pflegediensten über Vereine und Verbände bis hin zu Sanitätshäusern, Kliniken und Apotheken waren zahlreiche Aussteller und Pflegeexperten an diesem Tag vor Ort, um in persönlichen Gesprächen und im Rahmen von Vorträgen über alle erdenklichen Aspekte der Pflege zu informieren. Das Angebot wurde reichlich genutzt – schon früh füllte sich das Foyer des Seniorenzentrums, in dem Bürgervorsteher Peter Schnittgard eine Veranstaltung eröffnete, die in dieser Form auf Sylt einmalig sei: „Ein Forum, in dem alle beteiligten Unternehmen gemeinsam in aufopfernder Zusammenarbeit zeigen, was in der Pflege auf Sylt schon alles möglich ist.“ Natürlich stelle sich auch die Frage, was noch zu verbessern sei, „Aber es ist immer leicht, Dinge zu kritisieren – schwieriger ist es, Lösungen zu bieten. Die Versuche der Johanniter, zukunftsorientierte Wege zu finden, befürworte ich sehr und bin der Meinung, dass es unserer gemeinsamen Mitarbeit bedarf, diese Wege zu gehen.“
Wie komplex das Thema Pflege und wie hoch der Beratungsbedarf ist, zeigte nicht nur die hohe Besucherzahl an den Infoständen, sondern auch das rege Interesse an den Vorträgen: Kaum ein Platz war mehr frei, als Angelica Lorenzen von der Beratungsstelle des Pflegestützpunktes Nordfriesland erklärte, wie beispielsweise ein Pflegeantrag bei der zuständigen Krankenkasse gestellt wird und welche Leistungen die Pflegeversicherung für die entsprechenden Pflegegrade bereithält. Auch Rechtsanwalt und Notar Carsten Kerkamm hatte zahlreiche Fragen zum Thema Patientenverfügung zu beantworten, bevor Moderator Michael Stitz gegen 13 Uhr zu der mit Spannung erwarteten Diskussionsrunde: „Unser Sylt, unsere Pflege“ begrüßte. Der Aufenthaltsraum einer der zurzeit noch leer stehenden Seniorenwohngruppen war kurzerhand zum Tagungsraum umfunktioniert worden, in dem sich Bürgermeister Nikolas Häckel, Marianne Kraack vom Seniorenbeirat, Peter Petzold vom Fitz Mobilen Pflegedienst Sylt, Asklepios-Geschäftsführer Dr. Ulrich Wenning und Oberarzt Dr. Steffen Lange sowie NDS-Geschäftsführer Herbert Voedisch von den Johannitern vor rund 80 Zuschauern den Fragen des Moderators zum Status Quo in der Pflege stellten.
In Anbetracht der häufig doch sehr emotional geführten Diskussion um die Pflegesituation auf Sylt fiel die grundsätzliche Beurteilung dann doch überraschend gut aus: So bewertete beispielsweise Marianne Kraack vom Seniorenbeirat die derzeitige Pflegesituation mit der Schulnote Drei als befriedigend, „Auch wenn es an vielen Stellen noch Verbesserungsbedarf gibt.“ Herbert Voedisch von den Johannitern zeigte sich selbstkritisch: „Die Qualität in der Pflege hängt sehr von der personellen Ausstattung ab“, so der NDS-Geschäftsführer, „Wenn uns Personal fehlt, leidet darunter auch die Pflege.“ Dies sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt leider der Fall, „Obgleich wir den Pflegefachkräften auf Sylt Gehälter zahlen, die weit über dem Durchschnitt liegen.“ Im weiteren Verlauf entwickelte sich ein konstruktives Gespräch über die Zukunft der Pflege, in dem auch ergebnisoffen über die Seniorenwohngemeinschaften gesprochen wurde: „Wir starten im Mai eine Umfrage, um den Bedarf der Sylter im Bereich Pflege zu ermitteln“, so Bürgermeister Nikolas Häckel, „Anschließend können wir gemeinsam darüber sprechen, welchen Weg wir einschlagen wollen, um diesem Bedarf gerecht zu werden.“ Ein mögliches Ergebnis könnte dann auch sein, die Seniorenwohngruppen günstiger anzubieten – vorausgesetzt, es finden sich ausreichend Senioren, die auf einen Teil der angebotenen Betreuungsleistungen verzichten: „Die Wohngemeinschaft kann sich ihr Versorgungspaket selbst zusammenstellen“, so Herbert Voedisch, „Voraussetzung ist allerdings, dass sich alle elf Bewohner einig sind.“ Die jüngst diskutierte Nutzung der Räumlichkeiten beispielsweise für Auszubildende sei dabei immer nur als letzte Alternative zu betrachten, so Nikolas Häckel: „Primär kümmern wir uns darum, den Bedarf der Senioren zu decken. Nur wenn dort kein Bedarf sein sollte, suchen wir nach Alternativen.“